Ach was! Loriot!

Vicco von Bülow

Wiederaufnahme 24.05.2013

Dauer ca. 2 h

Darsteller Regine Effinger Petra Hennig Heinz Meier Ives Pancera Hans Poeschl Burkhard Wein
Regie Christian Lugerth
Verlag


Vor 40 Jahren holte Heinz Meier „Loriots dramatische Werke“ vom Bildschirm auf die Bühne. Damit war das Freiburger Wallgraben Theater die erste Bühne in Deutschland, die dem skurrilen Dramatiker ein Stammhaus anbot. Dieses Jubiläum gibt den Anlass für eine weitere Neuinszenierung des längst kultverdächtigen Loriot-Abends: Unter der Regie von Christian Lugerth zeigt das Wallgraben Theater ein neues Programm aus beliebten Klassikern, wie z.B. „Der Kosakenzipfel“, „Die Jodelschule“ oder „Die Bundestagsrede“.


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Mo, 21. Mai 2012 von: Alexander Dick

Spiel ist etwas Heiteres

Aus Erwin wird Estragon: "Ach was! Loriot!" am Freiburger Wallgraben-Theater.

  1. Authentischer geht’s nicht: Heinz Meier (links) und Ives Pancera im Sketch „Der Astronaut“. Foto: Theater

Aus aktuellem Anlass sei noch einmal daran erinnert, wie stolz Loriot – nach eigener Aussage – gewesen war, als er auf dem Münchner Hauptbahnhof um ein Autogramm gebeten wurde, in der Annahme, er sei der einstige Bayern-Trainer Udo Lattek. Das erfuhr man 2000, als Deutschlands großer Humorist die Festansprache zum 100. Geburtstag des Fußballclubs hielt – und tut in unserem Zusammenhang eigentlich nichts zur Sache. Außer dass man sagen kann, dass das Freiburger Wallgraben-Theater im Gegensatz zum FC Bayern zu den Gewinnern des Wochenendes gehört. Mit einer – einmal mehr – dramaturgisch ebenso klugen wie geistreichen neuen Kompilation von Loriots Dramuletten und Gedichten. Lassen wir den Autor Herrn von Bülow am besten doch selbst zu Wort kommen: "Spiel ist etwas Heiteres… es soll Freude machen…" Eben.

Womit wir schon unmittelbar in einem seiner großen Sketche gelandet wären: "Skat". Die Herren Striebel und Vogel bitten einen Fremden, Herrn Moosbach, als Ersatzspieler zur Skatpartie. Nur: Viel vom Reizen scheint der nicht zu verstehen. Selbst wenn man die Dialoge schon in- und auswendig kennt – es ist richtig spannend, wie Ives Pancera, Burkhard Wein und Hans Poeschl sie aktuell in Szene setzen. Weil sie einerseits den Duktus des Originals klar erkennen lassen, sich diesem andererseits aber nicht sklavisch unterwerfen. Was einem Drahtseilakt gleichkommt. Denn wer die legendären Loriot-Abende aus dem Fernsehen kennt, hat deren Szenerie und Spielfluss vor Auge. Aber muss man das wirklich Detail für Detail imitieren?

Regisseur Christian Lugerth antwortet hierauf mit einem klaren Jein. Denn, und das zeigt der knapp zweistündige Abend unter dem Titel "Ach was! Loriot" deutlich: Die Texte wirken schon aus sich heraus. Der Abend gibt da schon früh den Takt vor. Da steht ein älterer Herr vor dem Fernsehapparat und betrachtet kritisch einen Sketch, der ihn um ein paar Jährchen jünger zeigt. Der Herr macht eine abweisende Geste, schaltet die Kiste aus, ein Loriot’sches "Ach was!" auf den Lippen. Der wirsche Tonfall indes ist nicht Loriot – er ist klar Heinz Meier. Als ob der Grandseigneur des Wallgraben-Theaters noch einmal Bilanz zöge über seine Rolle(n) in Loriots Stücken, mit zwei Worten und einer Geste, die viel mehr aussagen als lange Abhandlungen. Dem besagten Sketch, es ist der vom Lottogewinner Erwin Lindemann, gilt auch das virtuose Finale des Abends. Heinz Meier alias Lottemann, äh Lindemann, mit herrlich ostpreußischem Akzent und all den geplanten Versprechern, die, darf man das so sagen?, eine Spur rauer, eine Spur resignativer klingen als früher: Aus Erwin ist ein Estragon geworden, und vielleicht wartet der nicht auf Godot sondern auf Loriot.

Die Stringenz der Interpretation ist symptomatisch für den ganzen Abend. Da werden geschickt Nummern miteinander vernetzt, etwa wenn der wunderbar – igittigitt – affektierte Maskenbildner aus einem anderen TV-Sketch (souverän zotig: Ives Pancera) eine neue Rolle bekommt. Oder wenn die Kameraassistentin versonnen auf ein schief an der Wand hängendes Bild schielt – nein, nein, es passiert eben kein Unglück. Regine Effinger spielt die unterschiedlichen Loriot-Frauen großartig überkandidelt. Petra Hennig steht ihr als unter anderem ein Jodeldiplom anstrebende Frau Hoppenstedt in nichts nach. Hans Poeschl setzt sich mit liebenswürdiger Penetranz immer wieder vorsichtig ab von den Loriot-Vorbildern, und Burkhard Weins komödiantische Vielseitigkeit vermag selbst in der Rolle eines heulenden Hundes zu überzeugen. Ach, ja: Dass der Lyriker Loriot sich im reimenden Absurdistan der Dadaisten auch recht wohl fühlte, zeigt dieser Abend in seinen 30 Episoden auch. Dreißig – so viele? "Bitte sagen Sie jetzt nichts", hätte Meister von Bülow darauf wohl geantwortet. Ach?
– Weitere Termine bis 16. Juni.


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Das kleine Schauspielhaus in Freiburg

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