Kritiken

Frohes Fest

Badische Zeitung, 19. Dezember 2011

Polizisten im Fettnäpfchen

BOULEVARDKOMÖDIE I: Das Wallgraben-Ensemble spielt die britische Farce "Frohes Fest".

"Sollen wir es auf einen Zettel schreiben?" Der Vorschlag des Polizisten Gobble könnte unangemessener nicht sein. Mit "es" meint der unterbelichtete Uniformierte nämlich die Tatsache, dass die Tochter des betagten Ehepaares Garson und Balthasar Conner bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen ist – und zwar am Heiligen Abend! Gobble und sein Kollege Blunt sind ausersehen, die traurige Nachricht zu überbringen – doch angesichts des bevorstehenden Weihnachtsfestes, des schlechten Gesundheitszustands der Eltern und nicht zuletzt ihrer eigenen Unfähigkeit gerät diese Aufgabe für die Bobbys zu einem aberwitzigen Unterfangen.

Heidemarie Gohde (Regie und Bühne) hat die Farce "Frohes Fest" des schottischen Dramatikers Anthony Neilson für die Bühne des Wallgraben Theaters eingerichtet – und bereitet dem Publikum damit zwei unterhaltsame Stunden, voll von absurden Missverständnissen, überdrehten Slapstick-Einlagen und schwarzhumoriger Komik.

Wer Besinnliches zum Weihnachtsfest erwartet, der sei gewarnt: Auf der Wallgraben-Bühne geht es wild, derb und chaotisch zu. Dafür sorgt zum einen das merkwürdige Polizisten-Pärchen Gobble und Blunt (zum Brüllen komisch: Hans Poeschl und Andreas Sindermann), das an Dick & Doof erinnert und mindestens in ebenso viele Fettnäpfchen tritt, wie seinerzeit das berühmte Komiker-Duo Laurel und Hardy. Die Conners nämlich glauben, ihr seit einer Woche verschollener Labrador Mifty sei das zu beklagende Opfer – und Gobble und Blunt sind einfach nicht in der Lage, die Wahrheit zu sagen.

Zumal ihnen Gronya (Sybille Kleinschmidt) im Nacken sitzt, eine Mischung aus schwer bewaffneter Punk-Lady und ordinärer Wutbürgerin, die angetreten ist, die Pädophilen in der nicht näher benannten Stadt im Königreich auszumerzen, und die im Laufe des Stücks alle Herren auf der Bühne verdächtigt. Keine leichte Situation für die Conners in ihrem eigenen, mit britischem Charme eingerichteten Wohnzimmer, möchte man meinen – doch die geistig verwirrte Garson (Lisbeth Felder) und ihr herzkranker Gatte Balthasar (Peter Haug-Lamersdorf) leiden längst nicht so, wie man vermuten könnte. Britischer Humor eben. Da ist es kein Wunder, dass auch der Pfarrer (Burkhard Wein) sein Fett abbekommt und ebenso zeitweise im unvermeidlichen Schrank landet, wie Gronyas Tochter Carol (Elena Weber) in der Truhe.

Präsenz und Präzision der Darsteller machen aus der skurrilen Vorlage ein temporeiches Verwechslungsspiel mit allen notwendigen Zutaten: Running gags, dramaturgische Verzögerungen und Verwechslungen. Das Premierenpublikum nimmt auch die aberwitzigsten Wendungen mit Gelächter und Schenkelklopfen hin – und bedankt sich für bei den Schauspielern mit viel Applaus. "Wir sind ein Spielball der Ereignisse", beklagt Polizist Blunt einmal. Im Theater darf das ruhig einmal so sein!
– Weitere Termine bis Ende Januar. BZ-Kartenservice  0761/4968888.

von: Heidi Ossenberg


Wallgraben Theater
Das kleine Schauspielhaus in Freiburg

Wallgraben Theater

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