Kritiken

Mondlicht und Magnolien von Ron Hutchinson

Badische Zeitung vom 11.12.2008

Wäre dies eine fiktive Geschichte, so würde man dem Autor eine überbordende Fantasie attestieren. Und überdies mangelnden Sinn für die Realität. Aber es ist eine – zumindest in weiten Teilen – wahre Geschichte: Wie aus Margaret Mitchells Südstaatenepos "Vom Winde verweht" der kommerziell erfolgreichste Hollywoodfilm aller Zeiten wurde – ausgezeichnet zudem mit zehn Oscars. Der amerikanische Drehbuchautor Ron Hutchinson hat aus dieser wahren Begebenheit die hintergründige Komödie "Mondlicht und Magnolien" gemacht, die Robert Klatt jetzt auf die Bühne des Freiburger Wallgraben-Theaters brachte – mit, das darf hier schon verraten werden, großem Erfolg.


Der Produzent David O. Selznick hat 1936 die Filmrechte an Mitchells Roman gekauft – er ist fest davon überzeugt, aus dem Stoff einen Kassenschlager machen zu können. Doch bis dahin ist es ein weiter Weg: Das Drehbuch ist in ersten Fassungen viel zu lang, der Regisseur George Cukor versteht sich nicht mit dem Hauptdarsteller Clark Gable. Um die Besetzung der Scarlett O’Hara gibt es Zickenkriege und sogar nationale Aufregung. Selznick bricht die Dreharbeiten ab und engagiert eine neue Crew – den Drehbuchautor Ben Hecht und den Regisseur Victor Fleming. Hier setzt dann das Theaterstück ein. Der Produzent hat die beiden an einem Morgen um sechs Uhr in sein Büro einbestellt.


Die Männer, die da aufeinandertreffen, könnten unterschiedlicher nicht sein. Der politisch denkende, feingeistige Jude Hecht (Andreas Sindermann), der Liebesgeschichten nicht mag. Der eher grob gestrickte, ein wenig phlegmatische Hollywood-Emporkömmling Fleming (Jörg Nadeschdin), der tut, was sein Boss will. Und der Produzent Selznick (Peter W. Hermanns), ein Machtmensch, der sich von seinem Instinkt leiten lässt und keinen Widerspruch duldet. Und dennoch verbindet die drei eines: die absolute Leidenschaft für den Film.


Selznick zwingt die beiden anderen Männer, fünf Tage bei Bananen und Erdnüssen in seinem passend von einer symbolischen Filmrolle umrahmten Büro zu verbringen, um endlich ein verwertbares Drehbuch zu erstellen. Weil Hecht nicht einmal den Roman gelesen hat, müssen Fleming und Selznick ihm die Schlüsselszenen vorspielen. Diese Situation ist so absurd wie komisch – und manchmal, wenn Selznicks dusselige Sekretärin (Sybille Denker) die Szene betritt, um die Befehle ihres Chefs entgegenzunehmen, kippt das Stück gefährlich in Richtung Slapstick. Doch die vier guten Schauspieler reißen das Steuer mit ihrem temporeichen, differenzierten Spiel immer wieder herum. Das Stück besteht neben turbulenten Szenen auch aus ruhigen, fast nachdenklichen Sequenzen, die Klatt dank behutsamer Personenregie fein herausspielen lässt. Und so gerät "Mondlicht und Magnolien" zu einem unterhaltsamen Theaterabend, der sogar Lust macht, "Vom Winde verweht" ein weiteres Mal anzuschauen – vielleicht nicht heute, sondern, wie Scarlett zu sagen pflegt: "Morgen ist auch noch ein Tag".


Wallgraben Theater
Das kleine Schauspielhaus in Freiburg

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