Kritiken

Honigpfeffer von Loriot bis Tucholsky

Badische Zeitung vom 14.05.2010

Eine Regenbogenwand, ein schräges Doppelbett und je nach Bedarf italienische Restauranttische oder weiße Bänke – mehr braucht es an Utensilien nicht, um Literarisches von Valentin, Schwitters, Tucholsky, Loriot, Gernhardt, Polt und Ernst auf die Bühne zu bringen. Christian Bronder (Regie) und Hans Poeschl (Bearbeitung) zeigen bereits mit ihrer Textauswahl rund um "Ausländisches", "Der Künstler an sich" und "Ehe, Knast und Kinder", dass es sich um eine satirisch-komödiantische Reihe handelt, die unter dem Motto "Honigpfeffer" am Wallgraben Theater Premiere feierte.


Begrüßt wird der Zuschauer von einer Märchenerzählerin mit Kopftuch (Regine Effinger) die "krass geil" im schönsten Ethnolekt von Schneewittchen und den Sieben Zwergen erzählt. Nach dem Deutschkurs für Ausländer, "äh, Menschen mit Migrationshintergrund", wird einmal mehr gezeigt, wie sich der Bayer im Lieblingsland Italien und auch sonst überall aufführt. Schade, dass das Bayerische zu Beginn so dominierte, wo doch keiner der Protagonisten diesen Dialekt überzeugend beherrscht. Wäre Polt nicht auch auf Badisch denkbar?


Über das Thema Demokratie ist man beim Notstand der deutschen Theater angelangt: Aus den Reihen des voll besetzten Kellergewölbes heraus fragt Sybille Denker "Woher diese leeren Theater?" und fordert ausdrucksstark einen "Theaterzwang", geregelt durch eine vom Staat auferlegte ATBPf (Allgemeine-Theater-Besuchs-Pflicht). Dass die zweite Hälfte des Abends noch überzeugender ist, als es die Erste schon war, liegt an der gesteigerten Theatralik. Hier geben sich die Schauspieler rasant die Pointen in die Hand, aus den Satirestückchen wird die eine Geschichte. Im Schnelldurchlauf, unterstrichen von dem lauten, drohenden Pochen der (Lebens-) Uhr, stellen "Franz und Maria" (überzeugend: Sybille Denker/ Jörg Nadeschdin) ihre Beziehung dar. Und dann die typische Mann-Frau-Thematik noch einmal aufgespießt: "Küssen Sie eigentlich Ihre Frau?" – Loriots köstliche "Eheberatung". Am Ende noch die anrührende Diskussion des Paares im rot-geblümten Pyjama (überzeugend: Regine Effinger/Hans Poeschl) über ihren Kinderwunsch. Der anhaltende Applaus und das laute Lachen des Publikums sprechen für sich (Charlotte Willmann, BZ).



Wallgraben Theater
Das kleine Schauspielhaus in Freiburg

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